„Alle sind sich einig: Inklusion ist wichtig. Doch seit Jahren passiert kaum etwas!“ – Dieses Fazit zog das Publikum nach einer Podiumsdiskussion mit den Behindertensprecher*innen von vier Parlamentsparteien. Ursprünglich sollten Selbstvertreter*innen der Lebenshilfe aus ganz Österreich auf der Bühne sitzen, doch durch die Auswirkungen der Unwetterkatastrophe blieb ihnen die Anreise verwehrt. Auch in Wien waren noch mehrere U-Bahn-Linien gesperrt. Trotzdem fanden am Abend des 17. September 2024 zahlreiche Interessierte den Weg ins Cape 10.
So übernahm Christina Holmes, Inklusionspolitische Referentin der Lebenshilfe Österreich, die Moderation. Josef Hochmeister, vom Team Mitsprache der Lebenshilfe Wien, vertrat die anderen Selbstvertreter*innen auf der Bühne.
Einigkeit herrschte unter den Politiker*innen unter anderem zum Thema „Lohn statt Taschengeld“ – Es sei höchste Zeit, dass Menschen mit Behinderungen, auch jene in Werkstätten, gerechte Arbeitsverhältnisse mit vollem Gehalt und Sozialversicherung erhalten. Auch der Zugang aller Kinder mit Behinderung zum Regelschulsystem wurde befürwortet. Beim Thema Sonderschulen zeigten sich allerdings unterschiedliche Meinungen: Während Gerhard Kaniak (FPÖ) für deren Beibehaltung für Kinder mit hohem Förderbedarf plädierte, sprach sich Fiona Fiedler (NEOS) für eine Öffnung dieser Einrichtungen aus. Bedrana Ribo (Grüne) und Verena Nussbaum (SPÖ) forderten dagegen die Abschaffung der Sonderschulen.
Breite Unterstützung gab es auch für die Einführung eines persönlichen Budgets für Menschen mit Lernschwierigkeiten, damit sie endlich Zugang zu persönlicher Assistenz erhalten. Verena Nussbaum (SPÖ) wies allerdings darauf hin, dass ein solides Anstellungsmodell für Assistent*innen erforderlich sei, um deren Rechte abzusichern.
Die Behindertensprecher*innen sind sich also in den meisten Fragen einig. Der vollen Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UNBRK) durch die nächste Regierung steht nichts mehr im Weg? Leider nicht.
Die Parlamentarier*innen machten deutlich, dass die Blockaden einzelner Bundesländer eine große Hürde darstellen. Auch sei Inklusion in der politischen Prioritätenliste der Parteien weit unten gereiht. Eine bundesweite Richtlinie im Verfassungsrang könnte hier Bewegung bringen, meinte Gerhard Kaniak (FPÖ). Doch Bedrana Ribo (Grüne) zeigte sich skeptisch, ob eine Zwei-Drittel-Mehrheit dafür erreichbar ist.
Auch eine massive Aufstockung der Gelder für Inklusion wurde mehrfach am Podium gefordert. Ribo wies darauf hin, dass die Verhandlungen zum Finanzausgleich abgeschlossen seien und das Thema bis 2028 vom Tisch sei. Die schleppende Umsetzung von Pilotprojekten zur persönlichen Assistenz in den Bundesländern zeige, dass der Föderalismus die Inklusion ausbremst. Welche Position dabei die ÖVP, die sechs der neun Landeshauptleute stellt, zu den Forderungen der Selbstvertreter*innen einnimmt, blieb an diesem Abend offen. Die Behindertensprecherin Kira Grünberg konnte aufgrund der Verkehrslage leider auch nicht teilnehmen. Ihre Anwesenheit hätte wohl an der grundlegenden Einigkeit nichts geändert: Inklusion ist allen wichtig. Das es an konkreten Fortschritten fehlt sollte ein Ansporn gemeinsam mehr Druck zu machen, dass das Thema in der Prioritätenliste der Politik endlich nach oben wandert.
Beurteilen Sie selbst, hier gibt es das Video zum nachschauen!