Immer wieder wird die Forderung nach einer Abschaffung der Sonderschulen laut. Was jedoch im Vordergrund stehen sollte, ist nicht die Bezeichnung der Schule, sondern die Art, wie Teilhabe von Kindern mit erhöhtem Unterstützungsbedarf im Schulalltag umgesetzt wird.
Beispiele mit Vorzeigecharakter finden sich in Vöcklabruck und in Mondsee.
„Gerade Schulen, die nach wie vor unter dem Titel ‚Sonderschule‘ geführt werden, leisten oft Pionierarbeit beim Finden neuer Wege der Teilhabe. Alle in einen Topf zu werfen und Sonderschulen generell als abschaffungswürdig zu betiteln, halten wir daher für falsch“, erklärt Helga Scheidl, Präsidentin der Lebenshilfe Oberösterreich. Die Lebenshilfe Oberösterreich hat sich die Förderung einer inklusiven Gesellschaft zum Ziel gemacht und befürwortet Schulformen, die auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Schüler eingeht und Kinder mit besonderen Bedürfnissen dabei nicht ausgrenzt – unabhängig von der Bezeichnung der Schule.
Inklusive Schulform mit Vorzeigecharakter in Vöcklabruck
Ein gelungenes Beispiel sind etwa die Volksschulinklusionsklassen, welche die Pestalozzischule Vöcklabruck jahrgangsübergreifend führt. In den Klassen dieser Sonderschule findet sich ein Mix aus Kindern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf im Alter von 6-10 Jahren.
Kinder mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen können in älteren oder jüngeren Schulstufen mitarbeiten, so wie es ihrem Leistungsstand im jeweiligen Unterrichtsfach entspricht. Der Stress, nicht ‚mitzukommen‘ oder sich zu langweilen, hört so ganz natürlich auf. Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf helfen Schüler aus niedrigeren Schulstufen – und umgekehrt – und erfahren dabei eine enorme Selbstbestätigung. Dabei entwickeln alle Kinder eine hohe soziale Kompetenz und altersübergreifende Freundschaften.
Schule für individuelles Lernen in Mondsee
Das Pädagogische Zentrum in Mondsee ist eine Drehscheibe für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf in unterschiedlichen Bereichen, das zahlreiche Professionen, Kompetenzen und Erfahrungen vereint. Es arbeitet eng mit anderen Schulen, Eltern, Entwicklungsdiagnostikern und Therapeuten zusammenarbeitet und bietet im gesamten Mondseeland durch mobile Pädagogen Unterstützung zu verschiedensten Fragen und Anliegen im komplexen Arbeits- und Entwicklungsraum Schule.
Viele Schüler nutzen das Angebot des Pädagogischen Zentrums zeitlich begrenzt, um individuelle Förderung zu erhalten und sich so weiterentwickeln zu können. Auch ein Wechsel in andere Schulformen ist keine Seltenheit. Ein ehemaliger Schüler besucht nun eine höhere Schule, eine Schülerin des Pädagogischen Zentrums bereitet sich gerade auf ihre Berufsmatura vor. „Durch individuelle Förderung in kleinen Klassen versuchen wir genau den Rahmen zu bieten, den das Kind im Moment für seinen nächsten Entwicklungsschritt braucht“, erklärt Gabriele Schwarzmann, Sonderschul-Betreuungs- und Religionslehrerin am Pädagogischen Zentrum und Obfrau der Arbeitsgruppe Mondsee.
Diversität als selbstverständlich betrachten
Alle Menschen sind unterschiedlich. Den dadurch resultierenden unterschiedlichen Bedürfnisse sollte im Schulsystem Rechnung getragen und den Schülern eine Wahlmöglichkeit geboten werden, wie es auch die UN-Behindertenrechtskonvention im Absatz 24 vorsieht. Gerade Sonderschulen bzw. Pädagogische Zentren können auf dem weiteren Weg hin zu einem Schulsystem ohne Ausgrenzung wichtige Kooperationspartner sein. „Wenn die Teilhabe bereits im Volksschulalter beginnt, wird der Kontakt mit Menschen mit Beeinträchtigung auch im späteren Leben zu einer Selbstverständlichkeit“, erklärt Helga Scheidl abschließend.
PRESSEINFORMATION der Lebenshilfe in Oberösterreich
8. September 2017
Pressekontakt: Lebenshilfe OÖ | Mag.a (FH) Iris Teufl | Leitung Öffentlichkeitsarbeit
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