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ArbeitBildungInklusionNews

Inklusive Bildung und Arbeit für Menschen mit Behinderungen

Von 21. September 2018 Keine Kommentare
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Inklusive Bildung und Arbeit für Menschen mit Behinderungen

Von 21. September 2018 Keine Kommentare

Ein Gespräch mit Expertinnen und Experten und Betroffenen im Radiokulturhaus (ORF)

Am 19. September trafen sich:

  • Markus Hering, Schauspieler und Vater eines Mädchens mit Trisomie-21
  • Germain Weber vom Institut für Angewandte Psychologie der Universität Wien
  • Herbert Pichler, Präsident des Österreichischen Behindertenrat
  • Martina Parzer vom Verein „WINS – Verein für Inklusion von Menschen mit kognitiver Behinderung“
  • Markus Pusnik, Direktor der inklusiven Leopoldschule

zu einem Gespräch mit Johannes Kaup im Radiokulturhaus (ORF).

Thema: In Österreich leben 1,6 Millionen Menschen mit einer Behinderung. 100.000 davon mit einer intellektuellen Behinderungen. Nach der Schulpflicht gehen sie meistens in Therapiestätten bzw. Werkstätten. Dort bekommen sie oft nur Taschengeld und keinen Gehalt. Nur wenige sind im Arbeitsmarkt integriert. Warum ist das so? Wie sieht derzeit inklusive Bildung für Menschen mit intellektuellen Behinderungen aus? Und welche Weiterbildungsangebote und Berufschancen ergeben sich daraus?

Inklusive Bildung für Menschen mit Behinderungen

Die Erfahrungen und Meinungen von Inklusion in Schulen können sehr unterschiedlich sein. Das zeigten auch die Antworten der ExpertInnen und Betroffenen bei diesem Gespräch.

Hering hat eine Tochter mit Trisomie-21. Sie ist integrativ aufgewachsen: sie besuchte einen Integrationskindergarten, war in einer integrativen Volksschule und dann ging sie in die Mittelschule. Sie war 12 Jahre in der Schule. Doch der Übergang in die Arbeitswelt fällt schwer.

Herbert Pichler hingegen machte andere Erfahrungen. Er ging in die Sonderschule. Er meint, dass er noch heute den 10 verlorenen Bildungs-Jahren nachrennt. Inzwischen hat sich einiges in den Sonderschulen verändert – dennoch müsse noch viel getan werden. Es ist noch ein weiter Weg bis Inklusion in Schulen gelebt wird. „Schulinklusion gibt es in Österreich nicht.“, so Pichler.

Der Direktor der inklusiven Leopoldschule, Markus Pusnik, ist nicht ganz dieser Meinung. Er könne zwar nur für Wien sprechen, aber es gibt strenge Prozedere, wo entschieden wird, ob ein Kind in eine inklusive, integrative oder Spezial-Klasse kommt. Es wird individuell auf das Kind eingegangen und Eltern werden beraten, sodass sie informiert Entscheidungen für ihr Kind treffen können.

Vielfalt statt Segregation

„Dennoch zählt Österreich zu einem der ausgeprägt segregierenden Schulsystemen Europas“, so Lebenshilfe-Präsident Germain Weber. Man müsse sich grundsätzlich die Frage stellen: Wie wollen wir unsere Gesellschaft strukturieren? Denn ein segregiertes Schulsystem schafft eine segregierte Gesellschaft. Das Potential von jeden einzelnen jungen Menschen kann sich nur entfalten, indem man Vielfalt zulässt. Daher meint Weber: „Es braucht individuelle Lehrpläne und die notwendige Ausbildung der Lehrenden, um Kinder und Jugendliche in ihrer Schullaufbahn zu unterstützen.“ Ein gutes Beispiel für Schulinklusion ist Südtirol.

Eine inklusive Schule öffnet die Tür für ein inklusives Miteinander und und lädt dazu ein sich gegenseitig mit Verständnis entgegen zu treten.

Gemeinsames Lernen schafft die Grundlagen für gemeinsames Leben

Das zeigt auch das Projekt „Bildungstreff“ vom Verein „Ich bin aktiv – Lebensbegleitung von Menschen mit Behinderung“, wo junge Studierende mit und ohne Behinderungen der Wirtschaftsuniversität Wien einander treffen und gemeinsam Themen erarbeiten. Mehr zu diesem Projekt hier: https://www.ich-bin-aktiv.at/images/ich-bin-aktiv.at/Projektbeschreibung_Bildungstreff.pdf

Das bedeutet nicht, dass Sonderschulen von heute auf morgen abgeschafft werden sollen. Es soll vielmehr Schritt für Schritt zu einer Schule für alle gehen, in dem der Prozess qualitativ begleitet wird. Inklusion zu verwirklichen, bedeutet eine notwendige Reform des österreichischen Bildungswesens, die neben der Schule sämtliche Bildungsbereiche umfasst: von der frühkindlichen Förderung bis hin zur Universität.

Miteinander statt nebeneinander zu leben ist das Ziel von Inklusion

Mit inklusiven Schulen sind auch die Weichen für einen inklusiven Arbeitsmarkt gelegt. Herbert Pichler verweist auf eine Studie, wo UnternehmerInnen gefragt wurden, was Hürden bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen sind. Wo am Anfang des Fragebogens noch der Kündigungsschutz vermehrt genannt wurde, kristallisierte sich im Laufe der Studie heraus, dass vorrangig eine Unsicherheit beim Zugang besteht. Damit kommen wir wieder zu den Schulen. Wenn junge Menschen mit und ohne Behinderungen bereits im Schulalter in Kontakt treten, dann gäbe es keine oder kaum Verunsicherungen im Umgang und Zugang zu Menschen mit Behinderungen im Arbeitswesen, als auch in der Gesellschaft.

Unterstützung seitens des Arbeitsmarkts und Begegnungszonen in Unternehmen und in Schulen, um diese Berührungsängste abzubauen, wären daher ein wichtiger nächster Schritt.

Das Gespräch kann am 15. Oktober um 16 Uhr in den Ö1 Passagen in gekürzter Form nachgehört werden: https://oe1.orf.at/passagen

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