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Österreichische COVID-19-Impfstrategie

Von 4. Dezember 2020 Keine Kommentare
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Österreichische COVID-19-Impfstrategie

Von 4. Dezember 2020 Keine Kommentare

Impfstrategie gegen das Corona-Virus
(4.12.2020)

Die Lebenshilfe hat die Impf-Strategie in Leichter Sprache zusammengefasst.

Der Text beantwortet die Fragen:

  • Was sagt die Impf-Strategie?
  • Warum brauchen wir eine Impf-Strategie?

Nächstes Jahr soll es Impfungen gegen das Corona-Virus geben.
Ziel ist es die Ausbreitung des Corona-Virus zu vermeiden.
Erste Impfungen gibt es vermutlich im Jänner.

Es soll keine Impf-pflicht geben.
Das bedeutet, jeder Mensch entscheidet selbst, ob er geimpft werden möchte.
Es ist wichtig sich gut zu informieren, um eine Entscheidung zu treffen.

 

Wieviel Impfungen sind nötig?

Man braucht 2 Impfungen.
Nach der ersten Impfung wartet man bis zu 4 Wochen, dann bekommt man die zweite Impfung.

 

Kostet die Impfung etwas?

Die Impfung kostet nichts.
Es muss kein Geld dafür bezahlt werden.

 

Wird es genug Impfstoff für alle Menschen geben?

In Österreich soll es Impf-stoffe von bis zu 7 verschiedenen Firmen geben.
Bis zum Herbst 2021 soll es genug Impfstoff für alle Menschen in Österreich geben.

 

Wann soll wer voraussichtlich geimpft werden?

Phase 1: Jänner 2021

  • Menschen über 65 Jahre in Alters- und Pflegeheimen
  • Menschen aus Risiko-Gruppen (wie zum Beispiel Menschen mit Behinderungen,alte Menschen, Menschen mit Vor-erkrankungen)
  • Menschen die in Krankenhäusern, bei der Rettung, in Arzt-Ordinationen und bei sozialen Diensten arbeiten

2. Phase: Februar und März 2021

  • Berufs-Gruppen wie Personal der Polizei, Schulen, Kindergärten und Pflege aus dem 24-Stundenbereich

3. Phase: ab April 2021

  • Rest der Menschen in Österreich
    Bundesminister Anschober möchte erreichen, dass sich deutlich über die Hälfte der Menschen impfen lassen.

 

Welche Impfstoffe gibt es bis jetzt?

  • AstraZeneca, Viral-Vector 6 Mio. Dosen
  • SANOFI, Protein-Subunit 1,5 Mio. Dosen
  • Johnson&Johnson, Viral-Vector 2,5 Mio. Dosen§ BioNTech/Pfizer, mRNA 3,5 Mio. Dosen
  • CureVac, mRNA 3 Mio. Dosen

 

Schützen Impfungen vor der Erkrankung oder der Übertragung?

Es ist derzeit nicht bekannt, ob Impfungen nur vor Erkrankung schützen, oder auch vor der Weiter-übertragung von Corona.
Nicht bekannt ist auch, wie lange die Impfungen schützen. Maßnahmen wie etwa Hände waschen, Hände desinfizieren oder das Tragen von Masken sind weiter notwendig.

 

Alle Informationen hier ausführlicher beschrieben:

Nationale Impfstrategie

Das erklärte Ziel der Bundesregierung ist es, jeder und jedem, die/der sich impfen lassen möchte, einen umfassend geprüften, sicheren, effektiven und zugelassenen COVID-19- Impfstoff zur Verfügung zu stellen. Dabei soll es keine Impfpflicht geben. In Abhängigkeit von den Eigenschaften bzw. der Zulassung des oder der verfügbaren Impfstoffe wird es eine klare Empfehlung geben, wer geimpft werden soll. Es ist vorgesehen, die Impfstoffe der Bevölkerung kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

In Österreich soll es ein breites und gemeinsames Portfolio von bis zu sieben Impfstoffen geben. Der Bund hat dazu einen Finanzrahmen für den Ankauf der Impfstoffe von 200 Mio. Euro bereitgestellt.

Das erklärte Ziel ist eine hohe Durchimpfungsrate der Bevölkerung von jedenfalls mehr als 50 Prozent, um die Krankheitslast und das Versorgungsrisiko im Gesundheitssystem minimieren zu können. Die Impfung wird auf Freiwilligkeit beruhen. Die Impfungen sollen – für bestimmte Zielgruppen – im Jänner beginnen und gestaffelt nach weiteren Zielgruppen ausgerollt werden.

Die heutige Ausgangssituation lässt darauf schließen, dass es bis zum dritten Quartal 2021 ausreichend Impfstoff für alle Menschen in Österreich geben wird. Es wurden diesbezüglich Vorverträge für rund 16,5 Mio. Dosen abgeschlossen, da jede Person im Abstand von drei bis vier Wochen insgesamt zwei Mal geimpft werden muss. Über weitere zwei Millionen Dosen laufen derzeit intensive Verhandlungen auf EU-Ebene.

Phasenplan: Wann wird wer geimpft?

  • Phase 1 Jänner/Februar 2021 (wenig Impfstoff verfügbar, komplexe Liefer- und Lagerbedingungen): eng priorisierte Zielgruppe, zentralisierte Verimpfung in Alten-und Pflegeheimen durch betreuendes Personal und ev. mobile Impf-Teams sowie in den Krankenanstalten/Gesundheitseinrichtungen für eigenes Personal und (definierte) Hochrisikogruppen
  • Phase 2 Februar/März 2021 (mehr Impfstoff verfügbar, Ressourcenengpass Impfstellen): eng priorisierte Zielgruppe für erweiterte Impfstellen, z.B. Dienststellen der Personen mit Systemrisiko durch z.B. Arbeitsmedizin, mobile Impfteams, Schulärztinnen-/ärzte sowie im niedergelassener Bereich, Impfinstitute und, Krankenkassen-Ambulatorien für Personen höheren Alters (Personen in 24-Stunden Betreuung und deren Betreuer; Betreute und BetreuerInnen der mobilen Dienste)
  • Phase 3 ab dem 2. Quartal (Impfstoff großflächig verfügbar): Impfung für jeden, der sich impfen lassen möchte, zusätzlich zu den Impfmöglichkeiten der Phase 1 und 2 auch in öffentlichen Impfstellen in den Gemeinden, Krankenkassen-Ambulatorien, niedergelassenen Ärzten, größere Einrichtungen und Betriebe mit eigenen Arbeits- /Schulärztinnen und -ärzten und mobile Impfteams zur punktuellen Unterstützung

Welche Impfstoffe gibt es?

Insgesamt hat man mit bereits fünf der sieben Impfstoffanbieter fixe Vorkaufsverträge auf EU-Ebene abgeschlossen, mit den restlichen beiden Anbietern sind die Vorkaufsverträge auf EU-Ebene in Verhandlung.

Im Detail werden in Österreich liefern:

  • AstraZeneca, Viral-Vector 6 Mio. Dosen
  • SANOFI, Protein-Subunit 1,5 Mio. Dosen
  • Johnson&Johnson, Viral-Vector 2,5 Mio. Dosen
  • BioNTech/Pfizer, mRNA 3,5 Mio. Dosen
  • CureVac, mRNA 3 Mio. Dosen

Schützen Impfungen vor der Erkrankung/ Übertragung?

Es ist derzeit noch nicht bekannt, ob Impfungen nur vor Erkrankung schützen werden oder ob diese auch die Weiterübertragung des Virus vermeiden werden können. Nicht bekannt ist auch, wie lange mögliche Impfungen gegen COVID-19 schützen werden. So werden andere Maßnahme wie etwa Hygienemaßnahmen oder das Tragen von Masken weiter notwendig sein und es ist wichtig und notwendig, die Erwartungshaltungen in der Bevölkerung nicht zu hoch zu setzen und nicht zu versprechen, dass mit dem Vorhandensein von Impfungen eine unverzügliche Normalisierung des öffentlichen Lebens wird möglich sein.

Verteilung bei Engpässen: Rahmenbedingungen einer Priorisierung

Aus medizinisch-epidemiologischer Sicht geht es zunächst darum, die Auswirkun­gen einer Impfung für eine bestimmte impfwillige Person und ihr Umfeld abzuschätzen. Zu berücksichtigen sind dabei vor allem

  • das Ausmaß, in dem die Person im Fall einer Impfung gegen spätere Infektion geschützt sein wird;
  • die Frage, ob der Impfstoff eine Person aktiv vor der Erkrankung schützt und gleichzeitig die Weitergabe des Erregers verhindert oder ob lediglich ein schwerer Verlauf bei der geimpften Person vermieden werden kann;
  • die Schwere der Risiken, welche eine Infektion mit COVID-19 für die betroffene Person und Dritte mit sich bringen würde; sowie
  • die Schwere der Risiken und Nebenwirkungen (Impfkomplikationen), die für die betroffene Person möglicherweise mit der Impfung gegen COVID-19 verbunden sind.

Insgesamt geht es jedenfalls aus medizinisch-epidemiologischer Sicht erstens um eine Nutzen-Risiko-Abwägung für die betroffene Person selbst und zweitens um eine Abwä­gung der Risiken für die betroffene Person mit dem epidemiologischen Nutzen für Dritte bzw. die Gesamtbevölkerung.

Priorisierung bei Knappheit

Wichtigstes Kriterium für eine Priorisierung bei vorübergehender Knappheit von Impf­kapazitäten ist unter medizinisch-epidemiologischen, rechtlichen wie ethischen Gesichts­punkten die Vulnerabilität.

Wünscht eine konkrete besonders vulnerable Person die Impfung, darf sie nur dann ver­sagt werden, wenn außergewöhnlich schwerwiegende Gründe dies rechtfertigen. Solche außergewöhnlich schwerwiegende Gründe liegen normalerweise nur bei Pflege- und Gesundheitspersonal vor. So wäre bei Knappheit von Impfdosen etwa in einem Pflegeheim das Pflegepersonal zum Schutz aller Bewohnerinnen und Bewohner prioritär zu impfen, bevor man beginnt, einzelne Bewohnerinnen und Bewohner selbst zu impfen, sofern es nicht möglich sein sollte, genügend Impfdosen für Bewohnerinnen bzw. Bewohner und Pflegepersonal zugleich zu sichern.

  • Pharmakologische Aspekte

Die starke Abhängigkeit einer Priorisierung von derzeit noch nicht vollends überschaubaren pharmakologischen Eigenschaften der Impfstoffe und sonstigen, der­zeit noch nicht bekannten Rahmenbedingungen hat zur Konsequenz, dass zum jetzigen Zeitpunkt formulierte Priorisierungsstrategien entweder notgedrungen vage oder stark vereinfachend und unterkomplex sind oder aber extrem differenziert und komplex und die verschiedensten Szenarien berücksichtigend.

Um eine ethisch absolut fundierte Priorisierungsstrategie vorlegen zu können, müsste man wohl dem Beispiel der WHO folgen und in drei Schritten vorgehen, indem zunächst die maßgeblichen Kriterien und Wertungen identifiziert und gegeneinander abstrakt abgewogen werden, sodann in einem zweiten Schritt eine konkretere Priorisierungsstrategie erarbeitet und erst in einem dritten Schritt für jeden zugelassenen Impfstoff separat und unter Berücksichti­gung seiner pharmakologischen Eigenschaften finale Empfehlungen abgegeben werden.

Wie die bisher vorgelegten Arbeiten der WHO zeigen, sind Priorisierungsent­scheidungen auf Grund pharmakologischer Eigenschaften der Impfstoffe (insbesondere ob sie eine Ansteckung Anderer durch Geimpfte verhindern oder welche Personengrup­pen von der Zulassung umfasst sind) und sonstiger Rahmenbedingungen (insbesondere: tatsächliche Impfkapazitäten, epidemiologische Situation, Impfbereitschaft) überaus komplex, da sie zwischen vielen verschiedenen Konstellationen differenzieren.

  • Gesetzliche Anhaltspunkte für eine Priorisierung

Konkrete gesetzliche Anhaltspunkte für eine Priorisierung ergeben sich aus § 17 Abs. 3 und 4 EpidemieG 1950, BGBl. 156/1950 (WV) i.d.F. BGBl. I 104/2020. Nach diesen Vorschriften können insbesondere für Angehörige von Gesundheitsberufen (sowie – im Einzelfall – für bestimmte gefährdete Personen) sogar verpflichtende Schutzimpfungen behördlich angeordnet werden. Daraus lässt sich – auch bei Unterbleiben einer solchen Anordnung im konkreten Fall – eine besondere Relevanz einer Impfprophylaxe bei diesen Personen ableiten.

  • Ethische Aspekte einer Priorisierung

Aus ethischer Sicht geht es – insofern der medizinisch-epidemiologischen Sicht nicht ganz unähnlich – vor allem um mehrere miteinander in Ausgleich zu bringende Prinzipien:

  • Autonomie;
  • Nicht-Schadens-Prinzip und Wohltuns-Prinzip in Bezug auf die individuelle impfwillige Person;
  • Fürsorge-Prinzip in Bezug auf dritte Personen, die mit der impfwilligen Person in Kontakt kommen und daher am Schutz durch deren Immunstatus partizipieren (sofern dies beim konkreten Impfstoff gewährleistet ist); und
  • Verantwortungs-Prinzip in Bezug auf die Gesamtbevölkerung bzw. das Gemeinwe­sen, einschließlich wirtschaftlicher Strukturen und gesellschaftlicher Institutionen.
  • Insgesamt ist bei der Verteilung das Gerechtigkeits-Prinzip zu beachten, dass es gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln: Unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde und dem daraus abgeleiteten Anspruch auf Gesundheitsressourcen sind alle       Menschen gleich. Doch können sich besondere Umstände ergeben, die aus ethischer Sicht die Priorisierung bestimmter Gruppen notwendig machen.

Die ethische Betrachtung hat sich angesichts der Hochwertigkeit der Rechts­güter Leben und Gesundheit in erster Linie am Ziel der Vermeidung von Todesfällen und schweren Verläufen (mit möglicherweise bleibenden Folgen) zu orientieren

Vulnerable Personen

Eine Priorisierung hat auch nach dem Grad der Vulnerabilität gegenüber COVID-19 zu erfolgen, welche sich aus verschiedenen Faktoren (Alter, spezifische Vorerkrankungen, allgemeiner Gesundheitszustand, psychoso­ziale Situation usw.) ergeben kann. Diese „Faustregel“ erfährt natürlich Einschränkungen, wenn die betreffende Person zwar im Falle einer COVID-19-Erkrankung einem erhöhten Risiko ausgesetzt wäre, die Applikation des Impfstoffs bei Angehörigen der betreffenden Risikogruppe aber ein erhöhtes bzw. zumindest nicht abschätzbares Risiko mit sich brin­gen würde. Dies kann insbesondere bei allfälligen Off-label-Applikationen der Fall sein. In diesem Zusammenhang ist etwa auf die Situation schwangerer und stillender Frauen hinzuweisen, die aus den klinischen Studien explizit ausgeschlossen sind und für die daher weder Zulassung noch Erfahrungswerte vorliegen.

Impfung gegen COVID-19 als Erfordernis zur Berufsausübung für bestimmte Tätigkeiten

Diese terminologische Klarstellung vermag natürlich nicht darüber hinwegzutäuschen, dass sich für Personen, die einem entsprechenden Beruf angehören oder einer entspre­chenden Tätigkeit nachgehen, oder die eine derartige berufliche Laufbahn oder Tätigkeit anstreben, eine Situation „verengter Freiwilligkeit“ ergeben kann. Entstehende Härten und Belastungen müssen aus ethischer Sicht jedoch mit den Gefahren abgewogen werden, die ohne eine entsprechende Impfung für Dritte entstehen würden.

Bei langjährig erprobten Impfstoffen (z. B. gegen Masern) sollte ein Impfschutz zum Erfordernis dafür gemacht werden, in Pflege- oder Gesundheitsberufen mit (ins­besondere: vulnerablen) Patientengruppen in Kontakt treten zu dürfen. Das folgt in der Regel auch bereits aus bestehenden Schutz- und Organisationspflichten der Trägereinrichtungen, die dafür sorgen müssen, dass Pflegebedürftige oder Patientinnen und Patienten keinen Gesundheitsrisiken durch das Pflege- oder Gesundheitspersonal ausgesetzt werden. Sprechen bei bestimmten Angehörigen des Pflege- und Gesund­heitspersonals stichhaltige individuelle Gründe gegen eine Impfung, können diese von ihren entsprechenden Trägereinrichtungen nicht im patientennahen Bereich eingesetzt werden. Auch einzelne praktizierende Ärztinnen und Ärzte sowie selbstständig tätige Angehörige anderer gesetzlich geregelter Gesundheitsberufe treffen vertragliche wie gesetzliche Schutzpflichten gegenüber ihren Patientinnen und Patienten, was den betreffenden Berufsträgern auch bei ihrer Berufswahl bewusst gewesen sein muss. Eine entsprechende Verpflichtung kann sich im Anwendungsbereich des KAKuG aus dem gebotenen Behandlungsniveau gemäß § 8 Abs. 2 KAKuG (sowie den entsprechenden

Landesausführungsvorschriften) ergeben, wenn und soweit es dem Stand der medizini­schen Wissenschaften entspricht. § 17 Abs. 3 EpidemieG würde diesbezüglich auch die Einführung einer Impfpflicht für dieses Gesundheitspersonal ermöglichen.

Bei der COVID-19-Impfung ist die Situation im Vergleich zur Situation z. B. bei der Masern-Schutzimpfung insofern eine andere, als keine langjährigen Erfahrungen vorliegen, welche sicheren Aufschluss über die mit der Impfung verbundenen Risiken und Nebenwirkungen geben könnten. Allerdings ist erstens zu berücksichtigen, dass die in der Republik Österreich zur Verfügung gestellten Impfstoffe ein strenges Zulassungsverfahren durchlaufen haben und zweitens, dass die COVID-19-Pandemie die Gesamtgesellschaft vor Herausforderungen stellt und massive Grundrechtseinschränkungen für alle mit sich bringt, welche in der Zweiten Republik bislang ohne Gleichen sind. So gesehen scheint es unter Abwägung aller Umstände gerechtfertigt, zu fordern, dass jenseits von akuten Notsituationen nur solches Gesundheitspersonal zum Einsatz kommen kann, das sich einer COVID-19-Impfung unterzogen hat. In Anbetracht der mit der COVID-19-Impfung verbundenen erhöhten Unsicherheiten wird man allerdings mit arbeitsrechtlichen Kon­sequenzen für Pflege- und Gesundheitspersonal überaus behutsam vorgehen müssen.

Die gleichen Grundsätze, wie sie für Gesundheitspersonal gelten, werden für andere körpernahe Dienstleistungen zu gelten haben, sofern die entsprechenden Dienst­leisterinnen und Dienstleister mit Personen verschiedener (d. h. auch hoher) Vulnerabilität in Kontakt kommen. Das trifft etwa für Friseurinnen und Friseure, Masseurinnen und Masseure, Fußpflegerinnen und Fußpfleger udgl. zu.

Hier gehts zu den häufig gestellten Fragen und Antworten zur COVID-19-Impfung des Sozialministeriums.

Ethische Fragen einer Impfung gegen COVID-19

Stellungnahme der Bioethikkommission

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass viele Rahmenbedingungen derzeit noch nicht vollends geklärt sind, und unter der Annahme, dass die Impfung zumindest weit­gehend auch vor einer Weitergabe des Virus an Andere schützt, unterbreitet die Bio­ethikkommission der österreichischen Bundesregierung die folgenden Empfehlungen im Zusammenhang mit der Impfung gegen COVID-19:

  1. Schon aufgrund der logistischen und sonstigen praktischen Schwierigkeiten, allen impfwilligen Personen in Österreich einen zugelassenen Impfstoff mehr oder weniger zeitgleich zur Verfügung zu stellen, ist mit vorübergehender Knapp­heit von Impfkapazitäten zu rechnen. Es bedarf daher einer ethisch fundierten Priorisierung. Dabei sind maßgeblich vor allem die drei Kriterien: (a) besondere Vulnerabilität einer Person (z. B. aufgrund ihres Alters oder ihrer Vorerkrankungen, ihrer sozialen Situation oder auch ihres Berufs), (b) Eigenschaft als besonderer Multiplikator des Virus trotz zumutbarer Schutzmaßnahmen und (c) besondere Bedeutung für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens.
  2. Nach Auffassung der Bioethikkommission gebührt unter Berücksichtigung dieser Kriterien dem Pflege- und Gesundheitspersonal (einschließlich pflegender Ange­höriger) die höchste Priorität, da sie (a) typischerweise ein Risiko auch für beson­ders vulnerable Personen darstellen und aufgrund ihrer Exposition gegenüber hoher Virenlast meist auch selbst besonders vulnerabel sind, (b) in besonderer Weise im epidemiologischen Sinne als „Multiplikatoren“ wirken und (c) gerade in der Pandemie in höchstem Maße zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens von Bedeutung sind. Gemeinsam mit dem Pflege- und Gesundheitspersonal wären extrem vulnerable Personen in Hochrisikosituationen (z. B. Personen in Alters- und Pflegeheimen oder in häuslicher Pflege) vorab zu impfen.
  3. Zweithöchste Priorität kommt nach der Auffassung der Bioethikkommission individuellen Personen hoher Vulnerabilität (z. B. aufgrund einer bestehenden [Vor-]Erkrankung mit einem Risiko für COVID-19 assozierte Komplikationen) zu, welche aus Sorge um ihre Gesundheit aktiv eine Impfung wünschen. Daher sollte nach Durchimpfung des Pflege- und Gesundheitspersonals und extrem vulnerabler Personen in Hochrisikosituationen jeder Person erhöhter individueller Vulnerabili­tät die Impfung jedenfalls zur Verfügung gestellt werden, wenn sie die Impfung wünscht.
  4. Sodann sollte nach Auffassung der Bioethikkommission geprüft werden, ob es zum gegebenen Zeitpunkt Personengruppen gibt, deren epidemiologische Bedeu­tung als „Multiplikatoren“ (trotz zumutbarer Schutzmaßnahmen) und/oder deren herausragende Bedeutung für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens und der öffentlichen Ordnung es zum indirekten Schutz von Leben, Gesundheit und anderen hochrangigen Rechtsgütern erforderlich macht, sie mit dritthöchster Priorität zu impfen. Dabei sind strenge Maßstäbe anzulegen. Hat die Priorisierung ihre Ursache in der Relevanz für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens und der öffentlichen Ordnung (z. B. Polizei, Feuerwehr), wird es im Normalfall ausreichen, in derartigen Gruppen zunächst nur diejenigen zu impfen, welche eine COVID-19-Impfung aktiv wünschen. Hat die Priorisierung ihre Ursache in der epidemiologischen Bedeutung (z. B. Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher), ist proaktive Durchimpfung angezeigt.
  5. Mit vierthöchster Priorität sollten sodann systematisch alle überdurchschnittlich vulnerablen Personen (z. B. alle Personen einer bestimmten Altersklasse) aktiv adressiert und durchgeimpft werden, und mit fünfthöchster Priorität (verblei­bende) Personengruppen.
  6. Für Gesundheits- und Pflegepersonal und ähnliche Berufsgruppen mit intensivem Körperkontakt zu Menschen verschiedenster Vulnerabilität (Friseurinnen und Friseure, Masseurinnen und Masseure, udgl.) sollte zumindest für die Dauer der Pandemie die COVID-19-Impfung als Erfordernis für die Berufsausübung gelten. Sobald eine COVID-19-Schutzimpfung verfügbar ist, sollte die Unterlassung einer Impfung für solche Berufsgruppen als Schutzpflichtverletzung angesehen werden, welche unterschiedliche rechtliche Konsequenzen haben kann. Wer aus triftigen objektiven medizinischen Gründen nicht geimpft werden kann, sollte für die Dauer der Pandemie anderweitig eingesetzt werden und nach Möglichkeit nur noch mit geimpften Personen in Kontakt treten.
  7. Die Impfung gegen COVID-19 sollte jedenfalls während der Dauer der Pandemie kostenlos angeboten werden. Die Verteilung des Impfstoffes sollte staatlicherseits vorgegeben und überwacht werden, um eine Einhaltung der Priorisierungskriterien sicherzustellen und die Etablierung eines „grauen“ oder „schwarzen“ Marktes für Impfungen zu vermeiden.
  8. Angesichts des Fehlens langjähriger Erfahrungen, und solange keine absolute Notstandssituation eintritt, sollte eine allgemeine Impfpflicht für die COVID-19-Impfung derzeit nicht erwogen werden. Es sollten aber klare Empfehlungen für die Impfung ausgesprochen werden. Essentiell ist in diesem Zusammenhang ein objektiver und transparenter Dialog mit der Bevölkerung, auch über aufgetretene Nebenwirkungen und deren Ausbleiben, was eine sorgfältige, datenbankgestützte Erfassung der Nebenwirkungen voraussetzt.
  9. Es kann geboten sein, geimpfte Personen von bestimmten Einschränkungen, die der Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 dienen, auszunehmen. Dies gilt jedoch nur bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen und Situationen, in denen eine Überprüfung des Impfstatus etwa durch Vorlage eines entsprechenden amtlichen Nachweises logistisch mit verhältnismäßigen Mitteln zu bewältigen ist (z. B. Restaurant- oder Konzertbesuche, Beherbergung, Skipässe und vergleichbare Kultur- und Freizeitaktivitäten) sowie bei denen aufgrund der äußeren Umstände keine Gefahr breitflächiger „Demoralisierung“ droht, weil etwa für Passantinnen und Passanten der Grund für die Nichteinhaltung einer Maßnahme im öffentlichen Raum nicht erkannt werden kann. Abstand, Schutzmaske und Hygienevorschriften in der Öffentlichkeit sind dagegen auch von geimpften Personen einzuhalten.
  10. Die Bioethikkommission erinnert an ihre Empfehlungen aus dem Jahr 2015 in Bezug auf erhöhte Transparenz, um das Vertrauen der Öffentlichkeit an Impfpro­grammen zu stärken. Dafür darf es in der gegebenen Situation insbesondere auch an einer effektiven Strategie gegen zu erwartende Desinformationskampagnen nicht fehlen.
  11. Angesichts der erhöhten Grundrechtsrelevanz vieler, mit der Einführung von Impf­stoffen gegen COVID-19 einhergehender Entscheidungen kann es empfehlenswert sein, gewisse Eckpunkte der Allokation und Priorisierung sowie von Erfordernissen für die Ausübung bestimmter Berufe gesetzlich zu regeln.

     

    Hier gehts weiter zu:

    Ethische Fragen einer Impfung gegen COVID-19 Stellungnahme der Bioethikkommission

    COVID-19 – Impfstrategie des Bundesministeriums Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

 

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