Damit eine medizinische Behandlung vorgenommen werden darf, muss es grundsätzlich vorab immer eine rechtswirksame Zustimmung geben. Auch eine (krankheitsvorbeugende) Impfungund eine (diagnostische) Testung stellen medizinische Behandlungen dar. Der Grundsatz (der erforderlichen Zustimmung vor Durchführung der Behandlung) gilt also auch für diese Formen der Behandlung.
Wer kann einer medizinischen Behandlung zustimmen?
Die Zustimmung zu einer Behandlung einer volljährigen Person kann grundsätzlich immer nur sie selbst erteilen. In jedem Fall muss die betroffene Person (die bspw. geimpft oder getestet werden soll) von dem behandelnden Arzt/der behandelnden Ärztin aufgeklärt werden. Der Arzt/die Ärztin muss beurteilen, ob die betroffene Person nach der Aufklärung in der Lage ist, über die Behandlung zu entschei-
den (und ihr ev. zuzustimmen). Die Aufklärunghat in einer solchen Art und Weise zu erfolgen, dass sie von der betroffenen Person möglichst gut verstanden werden kann. So bspw. in einer für sie leicht verständlichen Sprache, in einer ruhigen Umgebung, ohne Verwendung von Fachvokabular, ev. unter Zuhilfenahme von Bildern und Symbolen usw.
Muss jede Person, unabhängig von ihrer Erkrankung, aufgeklärt werden?
Ja. Auch Personen mit einer psychischen Erkrankung (bspw. einer Demenz) oder einer intellektuellen Beeinträchtigung müssen verständlich aufgeklärt werden. Es muss versucht werden, ihre Entscheidung zu einer Behandlung einzuholen.
Dies gilt selbstverständlich auch für Bewohner von Alten-, Pflege- und Betreuungseinrichtun- gen und Personen mit einer dementiellen Erkrankung.
Was ist, wenn eine Person der Behandlung nicht (mehr) zustimmen kann?
Wenn die betroffene Person nach der Aufklä- rung durch den behandelnden Arzt/die behan- delnde Ärztin scheinbar nicht in der Lage ist, den Grund und die Bedeutung der Behandlung zu verstehen bzw. ihre Zustimmung zu erteilen, so muss versucht werden, sie bei ihrer Ent- scheidungsfindung zu unterstützen. Dabei hat
sich der Arzt/die Ärztin bzw. die Einrichtung, in der die betroffene Person lebt, zu bemühen, dass andere Personen beigezogen werden, die der betroffenen Person die geplante Behand- lung (besser) erklären können (sog. „Unterstüt- zerkreis“). Als solche Unterstützungspersonen kommen bspw. Familienangehörige, Betreuungspersonen und sonstige Bezugspersonen in Frage. Auch Personen mit einer besonderen Ausbildung oder besonderen Kenntnissen können beigezogen werden.
Solcherart beigezogene Personen sollen gemeinsam mit dem Arzt/der Ärztin versuchen, der betroffenen Person die Behandlung (den Grund der Behandlung, ihre Risiken und Wirkungen, Alternativen dazu und die mögli-
chen Folgen einer Nicht-/Behandlung) in einer für sie verständlichen Weise zu erklären. Wenn die betroffene Person, ggf. mit dieser Unterstützung, in der Lage ist, ihre Zustimmung (oder auch Ablehnung) zu der Behandlung zu geben (sie also „entscheidungsfähig“ ist), dann entscheidet immer sie selbst! Auch dann, wenn sie eine/n ErwachsenenvertreterIn hat!
Kann die/der ErwachsenenvertreterIn der Behandlung zustimmen?
Die/der ErwachsenenvertreterIn muss nur dann gefragt werden, wenn die betroffene Person selbst (auch nach erfolgter Unterstützung) nicht entscheiden kann, ob eine Behandlung durch- geführt werden soll oder nicht. Einer Behand- lung kann die/der ErwachsenenvertreterIn grundsätzlich nur dann zustimmen, wenn derWirkungsbereich laut Beschluss auch dieEntscheidung über medizinische Behandlun- gen umfasst.
Auch die/der ErwachsenenvertreterIn ist von dem behandelnden Arzt/der behandelnden Ärztin aufzuklären, und es ist ihr/ihm genügend Zeit zu geben, seine Zustimmung oder Nicht- Zustimmung zu überdenken. Die Aufklärung sollte immer persönlich erfolgen und umfasst sowohl die Art der konkreten Behandlung als auch mögliche Risiken und Nebenwirkungen (so bspw. welcher Impfstoff wird eingesetzt? Welche Risiken ergeben sich für die betroffene Person im konkreten Fall? Welche Alternativen gibt es? u. a.).
Bei seiner/ihrer Entscheidung hat sich die/der ErwachsenenvertreterIn am „mutmaßlichen Willen“ der vertretenen Person zu orientieren. Es sind also neben objektiven Kriterien (bspw. der voraussichtlichen Wirkung einer Impfung) auch die subjektiven (Lebens-) Umstände der Person zu berücksichtigen (bspw. ihre Haltung zu einer Behandlung, auch wenn diese von der Einschätzung der/des VertreterIn abweichen mag).
Im Zweifel ist davon auszugehen, dass die vertretene Person einer (medizinisch empfohle- nen) Behandlung zustimmen würde.
Zu beachten ist insbesondere auch, dass keine Zustimmung ohne entsprechende Aufklärung vorab („blanko“), bspw. allein zur Bestellung eines Impfstoffes, erteilt werden kann.
Quelle: VertretungsNetz
VertretungsNetz Infoblatt Medizinische Behandlung
VertretungsNetz Infoblatt Medizinische Behandlung_einfache Sprache