Keine Ausnahme wegen „Unzumutbarkeit“ bei Jugendlichen mit Beeinträchtigungen: Ein inklusives Ausbildungssystem ist auch Voraussetzung für eine inklusive Arbeitswelt. Daher darf die Ausbildungsverpflichtung bei Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen keine Ausnahme machen.
Die Lebenshilfe Österreich begrüßt in ihrer offiziellen Stellungnahme grundsätzlich die geplante Ausbildungsverpflichtung für Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr, insbesondere die Erstellung individueller Perspektiven- und Betreuungspläne durch Koordinierungsstellen. Sie beeinsprucht jedoch entschieden die in § 7 vorgesehene Ausnahme von dieser Ausbildungsverpflichtung.
„Gerade in einem Gesetz, das ein Auffangnetz für Jugendliche einrichtet, darf die Zielgruppe der Menschen mit Beeinträchtigungen nicht ausgeschlossen werden. Der vermutlich gut gemeinte Vorwand der Unzumutbarkeit würde einer weiteren Diskriminierung Tür und Tor öffnen“, so Generalsekretär der Lebenshilfe Österreich Albert Brandstätter.
„Auch heute werden immer noch Kinder und Jugendliche vom Kindergarten, dem Schulbesuch oder von Ausbildungsmöglichkeiten ausgeschlossen, weil die Rahmenbedingungen nicht derart gestaltet werden, dass das Recht auf Bildung allen Kindern und Jugendlichen gesichert wird. Eine Ausnahme, wie in § 7 des vorgelegten Entwurfs des Ausbildungsgesetzes, würde die noch immer herrschende Benachteiligung zementieren. Dabei ist ein inklusives Ausbildungssystem die Voraussetzung für eine inklusive Arbeitswelt. Im Gegenteil müssen Ausbildungssysteme dazu angehalten werden, die Ausbildungsmöglichkeit für alle Jugendliche, sicherzustellen. Dazu gehört unter anderem auch, dass medizinische Leistungen als Unterstützung für den Alltag genutzt werden,“ so Herr Branstätter weiter.
Bildung ohne Diskriminierung – inklusive Ausgestaltung von Bildungs- und Arbeitswelt ist gefordert
Österreich hat sich mit der Ratifizierung der UN-Konvention der Rechte der Menschen mit Behinderungen verpflichtet, das Bildungswesen und die Arbeitswelt so zu gestalten, dass selbstbestimmtes Leben und Inklusion in der Gemeinschaft gewährleistet werden.
Die geforderte inklusive Ausgestaltung der Bildungs- und Arbeitswelt zielt auf die gleichen Zugangschancen zu Ausbildung für alle Menschen. „Daher fordert die Lebenshilfe nachdrücklich, dass die Ausbildungsverpflichtung nur aus akut-medizinischen Gründen ausgesetzt wird“, betont Brandstätter.
Insbesondere hat Österreich mit Artikel 24 das Recht auf Bildung ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit in einem inklusivem Bildungssystem zugesagt und sich verpflichtet dafür zu sorgen, dass Menschen mit Beeinträchtigungen nicht ausgeschlossen werden. Mit Artikel 27 hat sich Österreich verpflichtet, für Menschen mit Beeinträchtigungen einen wirksamen Zugang zu allgemeinen, fachlichen und beruflichen Beratungsprogrammen, Stellenvermittlung sowie Berufsausbildung und Weiterbildung sicherzustellen. Im Übrigen schließt sich die Lebenshilfe Österreich vollinhaltlich der Stellungnahme der ÖAR an.
Vorschlag der Lebenshilfe für die Formulierung des § 7 des Ausbildungsgesetzes
Die Ausbildungspflicht ruht für Zeiträume, in denen jugendliche Kinderbetreuungsgeld beziehen, ein freiwilliges Sozialjahr leisten, einen Präsenz- Ausbildungs-, oder Zivildienst leisten oder aus akut medizinischen Gründen eine dem § 4 entsprechende Ausbildung nicht möglich ist.