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FreizeitInklusion

Wenn einem Hören und Sehen vergeht…

Von 3. April 2017 Keine Kommentare
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Wenn einem Hören und Sehen vergeht…

Von 3. April 2017 Keine Kommentare

Wann immer ich das Thema »Taubblindheit« angesprochen habe, kam die überraschte Frage: »Gibt es das denn überhaupt noch, Menschen, die nicht hören und nicht sehen können? Wie ist das möglich, bei den Fortschritten in der Medizin?«

Und gleich vermuteten die Gesprächspartner, wohl aus Unbehagen über diese beängstigende Vorstellung und zur eigenen Beruhigung:
»Aber für diese Menschen ist in unserem Sozialstaat doch gesorgt. Bei uns fällt niemand durch das soziale Netz.« Dem ist leider nicht so.

»Wenn einem Hören und Sehen vergehen« von der Autorin Ursula Benard ist ein Erfahrungsbericht über taubblindes Leben in Deutschland.

Was geschieht mit uns, wenn die beiden wichtigsten Sinne uns im Stich lassen? Wie sieht unser Alltag aus, wenn wir das Haus nicht mehr ohne fremde Hilfe verlassen können? Wie kommunizieren wir, wenn wir nicht hören, was gesprochen wird und nicht sehen, was gebärdet oder geschrieben wird? Welche Unterstützung brauchen wir in dieser Situation? Welche Unterstützung bekommen taubblinde Menschen?

Taubblind leben in Deutschland, das ist ein Leben am äußersten Rand der Gesellschaft, vielfach ein Leben in menschenunwürdigen Verhältnissen, eine Lebenswelt, die von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen wird.

Der Leser erfährt, wie die blinde Protagonistin Anna Berührungsängste überwindet, wie sie lernt und arbeitet, was ihre Tätigkeiten sind. Stück für Stück entdeckt der Leser zusammen mit Anna die Faszination einer Sprache mit Gebärden statt mit Worten, die elementare Bedeutung der Kommunikation, erlebt eine Gemeinschaft, die von Vertrauen und gegenseitigem Verständnis geprägt ist. Zusammen mit Anna dringt der Leser tiefer in diese ihm unbekannte Lebenswelt ein, erkennt, dass diese nicht nur Tragik und Verzicht bedeutet, sondern auch voller Lachen und Lebensfreude sein kann. Der Leser begegnet Menschen, die sich den Herausforderungen ihrer Behinderung stellen und Meister ihres schwierigen Lebens werden.

In den vergangenen Jahren schlossen sich in ganz Deutschland aktive
Taubblinde zusammen, kämpften für mehr Selbstbestimmung und Teilhabe
und konnten ihre Lebensbedingungen verbessern. Die digitale Revolution
veränderte auch die Lebenswelt taubblinder Menschen. Computer
und Internet ermöglichen eine selbstbestimmte und von fremder Hilfe
unabhängige Kommunikation und Information. Mithilfe der persönlichen
Assistenz wurde ein weiterer Schritt auf dem mühsamen Weg zu Eigenständigkeit
und Unabhängigkeit getan. Assistenz beseitigt Kommunikationsbarrieren
und gleicht Einschränkungen in der Mobilität aus. Taubblindenassistenten
ermöglichen ein Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen.
Inzwischen gibt es in fünf Bundesländern Zentren, in denen
Taubblindenassistenten qualifiziert werden. Diese positive Entwicklung,
an der ich Anteil hatte, versuche ich in diesem Buch aus meiner ganz persönlichen
Sicht aufzuzeichnen.

Trotz aller Erfolge und positiven Entwicklungen: Es bleibt noch viel zu tun!
Noch immer ist Taubblindheit nicht als eine eigenständige Behinderung
mit besonderem Unterstützungsbedarf anerkannt und das Recht auf
persönliche Assistenz ist in keinem Gesetz verankert. Immer noch ist die
Teilhabe taubblinder Menschen abhängig von den Zufälligkeiten ehrenamtlichen
Engagements, dem Goodwill der Behörden und zuständigen
Sachbearbeiter. Verlässliche Strukturen gibt es nicht.

Dennoch, und das möchte ich in diesem Buch zeigen: Ein selbstbestimmtes
Leben in Würde und Zufriedenheit kann gelingen, wenn Unterstützung
durch Assistenz, Rehabilitation, Hilfsmittel und Beratung gewährt wird.

Ursula Benard
November 2016

Verlag: www.allitera.de

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