Lebenshilfe Österreich zum Regierungs-Programm von ÖVP-SPÖ-NEOS

Inklusion bleibt Baustelle, aber Schritte in die richtige Richtung.

Die neue Bundesregierung aus ÖVP, SPÖ und NEOS setzt wichtige Signale im Bereich der Inklusion. Die Umsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderungen bleibt weiterhin eine große Baustelle. Die Lebenshilfe Österreich zeigt, was gut ist und wo es noch Luft nach oben gibt.

(Wien, 27. Februar 2025) Seit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) 2008 gibt es in der Umsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderungen große Lücken. Das nun präsentierte Regierungsprogramm zeigt den politischen Willen, einige dieser zu schließen. Die Lebenshilfe Österreich analysiert, was gut ist und was noch fehlt:

  • Schulische Inklusion
  • Lohn statt Taschengeld
  • Deinstitutionalisierung im Wohnbereich

Inklusion in der Bildung

Kinder mit Behinderungen haben künftig einen Rechtsanspruch auf 11. und 12. Schuljahr. Eine zentrale Forderung der Lebenshilfe und zahlreicher Elterninitiativen wird somit ins Regierungsprogramm übernommen. Birgit Brunsteiner, Mutter eines 16-Jährigen Schülers mit Down Syndrom und Vizepräsidentin der Lebenshilfe OÖ: „Ein Rechtsanspruch war dringend notwendig, damit Jugendliche wie unser Sohn sich weiterbilden können und später ihren Platz in einer inklusiven Arbeitswelt bekommen.“

Sehr positiv bewertet die Lebenshilfe Österreich das verpflichtende Modul der inklusiven Pädagogik beim regulären Lehramtsstudium und eine eigenständige Lehramtsausbildung für Inklusion und Sonderpädagogik. Schulische Inklusion ist in Österreich systemisch unterfinanziert, die geplante Aufstockung der Mittel für den sonderpädagogischen Förderbedarf war dringend notwendig.

Die Einführung von „Integrationsklassen“ an Sonderschulen ermöglicht eine seit vielen Jahren von der Lebenshilfe geforderte Transformation der Sonderschulen. Ziel muss die vollständige Öffnung dieser segregierenden Schulform sein.

Lohn statt Taschengeld

Die Lebenshilfe Österreich begrüßt, dass das Regierungsprogramm die Inklusion am ersten Arbeitsmarkt forcieren will. Dafür müssen aber bestehende Pilotprojekte ausgebaut werden. Ein zentrales Anliegen der Lebenshilfe bleibt die Umsetzung des Grundsatzes „Lohn statt Taschengeld“ für Menschen mit intellektuellen Behinderungen. „Es ist essenziell, dass die Pilotprojekte in diesem Bereich ausgebaut werden. Menschen mit Behinderungen brauchen gesicherte Arbeitsmodelle, die ihnen eine soziale Absicherung und echte Teilhabe am Arbeitsmarkt ermöglichen“, so der Präsident der Lebenshilfe Österreich Anton Henckel-Donnersmarck.

Deinstitutionalisierung im Wohnbereich

Das Regierungsprogramm spricht sich zwar für eine Forcierung der UN-BRK im Bereich Wohnen aus; konkrete Umsetzungsschritte zur Deinstitutionalisierung fehlen aber im Dokument. „Menschen mit Behinderungen wollen so leben wie andere auch. Es braucht nun einen konkreten Maßnahmen-Katalog, um individuelle Wohnangebote mit Assistenz bundesweit zu ermöglichen“, betont Philippe Narval, Generalsekretär der Lebenshilfe Österreich.

Persönliche Assistenz

Die Lebenshilfe begrüßt das Vorhaben einer bundeseinheitlichen Regelung der Persönlichen Assistenz, fordert jedoch ausdrücklich, dass diese auch für Menschen mit intellektuellen Behinderungen offen steht​. „Ich sehe in meinem eigenen Leben, dass Assistenz der Schlüssel zur Selbstbestimmung ist. Sie ermöglicht es mir, unabhängig zu sein und meine eigenen Entscheidungen zu treffen“, betont Hanna Kamrat, Vizepräsidentin der Lebenshilfe Österreich und Selbstvertreterin. Zusätzlich begrüßt die Lebenshilfe geplante Verbesserungen für die so wichtige Berufsgruppe der persönlichen Assistent*innen.

Fazit: Fortschritte sind erkennbar, aber es gibt noch viel zu tun.

Die Lebenshilfe Österreich erkennt positive Ansätze zur Umsetzung der UN-BRK im Regierungsprogramm und ein Bekenntnis zur Inklusion. „Ein Bekenntnis allein reicht aber nicht aus – wir erwarten konkrete Maßnahmen, damit echte Teilhabe im Sinne der UN-Behindertenrechts-Konvention nicht länger ein Versprechen bleibt, sondern Realität wird“, so Hanna Kamrat.

„Menschenrechte sind unteilbar – und Inklusion ebenso. Von einer umfassenden Umsetzung der UN-BRK sind wir noch weit entfernt“, betont Philippe Narval, Generalsekretär der Lebenshilfe Österreich.

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