Studien- und Presse-Reise nach Südtirol: „So geht Inklusive Bildung“

Eine Gruppe von Menschen mit und ohne Behinderung stehen in der Bibliothek in der Mittelschule Eppan.Lebenshilfe Österreich

JETZT mit ORF ZiB-YouTube-Video zum Nachschauen ||
Italien – ein Land ohne Sonderschulen, schon seit 1977. Für uns ein guter Grund, nach Südtirol zu reisen: Wie hat Italien das damals gemacht? Wie funktioniert das inklusive Schul-System heute? Was braucht es dafür? Und vor allem: Was kann Österreich daraus lernen?
Inklusive Schulen in Südtirol – Einblicke in ein Bildungs-System ohne Sonderschulen.

(März 2025) Wir von der Lebenshilfe Österreich setzen uns für eine inklusive Gesellschaft ein. Eine inklusive Gesellschaft beginnt bei den Kleinsten, im Kindergarten und in der Schule.

Lebenshilfe on tour: Inklusive Studien- und Presse-Reise

Wir sind zu Frühlingsbeginn mit dem Zug nach Bozen gereist. Vor Ort wollten wir mehr darüber erfahren, wie inklusive Bildung in Italien funktioniert. Wir haben Schulen besucht, mit Expert*innen, Kindern, Jugendlichen und deren Eltern gesprochen. Dabei haben wir wertvolle Einblicke in die Praxis von inklusiven Schulen erhalten. Wir haben viele spannende Geschichten gehört – von und über Menschen mit Behinderungen, die inklusive Schulen besuchen bzw. besucht haben. Menschen, die nicht abgesondert wurden, sondern am täglichen sozialen Leben in der Schule teilhaben konnten. Die Freundschaften geschlossen haben mit Menschen auch ohne Behinderungen. Freundschaften, die sie viele Jahre nach der Schule noch immer pflegen.

Bei unserer Reise mit dabei waren u.a. drei Selbstvertreter*innen der Lebenshilfe, Journalist*innen (mit und ohne Behinderungen) von ORF TV, ORF Radio und dem inklusiven Magazin andererseits.

Geht nicht, gibt’s nicht

„Nicht schulfähig und nicht beschulbar – das gibt es bei uns in Südtirol nicht“, fasst die Inklusions-Expertin Veronika Pfeifer die Haltung der italienischen Gesellschaft zusammen. Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen und personellen wie finanziellen Ressourcen scheint dies ein wichtiger Erfolgsfaktor zu sein, um inklusive Bildung umzusetzen. Ganz nach dem Motto: Wo ein Wille, da ein Weg. Die Abschaffung der Sonderschulen 1977 hat die italienische Regierung in einer Hauruck-Aktion umgesetzt: Im August 1977 wurde das Gesetz beschlossen, im September waren die Sonder-Klassen Geschichte. Plötzlich saßen alle Kinder in denselben Klassen, von der Volksschule bis zur Matura. Das Wort „Sonderschule“ gibt es im Italienischen nur noch aus der Zeit vor 1977.

Eine Frage der Haltung…

„Zwischen extrem beeinträchtigt und Genie ist nicht viel Unterschied,“ ist Marion Karadar überzeugt. Sie ist Schul-Leiterin des Schulsprengels Eppan und hat uns in ihre Mittelschule eingeladen. Ein gemischtes Team – bestehend aus Fach-Pädagog*innen, Inklusions-Pädagog*innen, Sozial-Pädagog*innen und persönlichen Mitarbeiter*innen – schafft ein gelingendes Miteinander. Alle Kinder lernen gemeinsam in einer offenen und wertschätzenden Umgebung. Dafür braucht es Raum, Ressourcen, das Engagement jedes einzelnen und vor allem eines, nämlich Haltung.

Alle lernen mit- und voneinander

Wir waren beeindruckt von der gelebten Inklusion, die in Südtirol nichts Außergewöhnliches ist. Die meisten Jugendlichen haben nicht wirklich verstanden, warum wir uns ihren Schul-Alltag anschauen wollten. In Südtirol wird deutlich, dass inklusives Lernen nicht nur möglich, sondern auch erfolgreich ist. Schüler*innen mit und ohne Behinderungen lernen gemeinsam und profitieren dabei voneinander. Soziales Lernen steht in inklusiven Schulen permanent am Stundenplan.

Verbesserungsbedarf gibt es auch in Südtirol: Die Sonderpädagogische Ausbildung könnte umfangreicher sein, und man wünscht sich mehr Integrations-Lehrer*innen. Man gibt auch zu: Kinder mit Behinderungen könnten in Sonderschulen eventuell besser gefördert werden, aber der Preis, dafür an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden, wäre zu hoch. In Südtirol sieht man vor allem die Vorteile, die eine inklusive Schule bringt.

Jetzt wissen wir: Inklusion in der Schule funktioniert

Im Schuljahr 2023/24 wurden in Österreich 9690 Schüler*innen an Sonderschulen unterrichtet. Es ist höchste Zeit, dass auch in Österreich alle Kinder und Jugendlichen gemeinsam lernen. Segregierende Sonderschulen widersprechen der UN-Behindertenrechts-Konvention, die Österreich bereits im Jahr 2008 unterzeichnet hat. Die finanziellen Ressourcen, die derzeit in Sonderschulen fließen, wären besser investiert in ein inklusives Bildungssystem.

💚Ein besonderer Dank geht an die Schulen in Südtirol, die uns so herzlich empfangen haben. Danke auch an alle, die ihre Erfahrungen mit uns geteilt haben. Wir danken auch allen Mitreisenden.🙏

Medien-Berichte

Die ZiB 1 hat nach unserer Reise über das inklusive Bildungs-System in Südtirol berichtet. Den Beitrag gibt’s HIER zum Nachschauen.

Zusätzlich gibt’s jetzt auch ein 12 Minuten langes ZiB-YouTube-Video. In diesen 12 Minuten erfährst du, warum inklusive Schulen am Ende des Tages für uns alle die bessere Wahl sind als Sonderschulen. Das Video kannst du HIER anschauen.

Weitere geplante Medien-Berichte: Radio-Kolleg Ö1, am 8.5. um 9:30 Uhr. Beitrag in andererseits.

Außerdem haben wir unsere drei mitreisenden Selbstvertreter*innen am Ende unserer Reise befragt: Hier geht’s zum VIDEO.

LHÖ-Generalsekretär, Philippe Narval, hat nach der Reise auf derstandard.at eine Kolumne veröffentlicht. Hier geht’s zu: Schafft endlich die Sonderschulen ab! .

Hier kannst du dir ein paar Bilder von unserer Reise anschauen:

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